Saturday, May 10, 2014

Wahlen in Südafrika

Am Mittwoch fanden in Südafrika die fünften demokratischen Wahlen statt. Es waren die ersten, bei denen die sogenannten ¨free-borns¨ mit abstimmen konnten.

Zusammen mit zwei anderen Volunteers bin ich vormittags zum nächstgelegenen Wahllokal gegangen.

Als erstes ist mir die lange Schlange aufgefallen (Bild 1). Im Gegensatz zu anderen Landesteilen (insbesondere in den Townships), sind es zwar wenige Menschen, aber zumindest ich habe das in Deutschland so noch nicht gesehen. Eine Frau, die gerade gewählt hatte meinte, sie hätte eine Stunde gewartet.

In anderen Landesteilen hat es allerdings noch länger gedauert- was aber zum Teil auch daran lag, dass die Lokale nicht rechtzeitig aufgemacht haben (85 % waren um 7 auf, zwei Stunden später 95 %). Offizielles Ende des Wahlttages war um 21 Uhr, da zu diesem Zeitpunkt aber immer noch viele anstanden, waren viele Lokale bis Mitternacht auf.

An anderen Orten sind im Laufe des Tages die Stimmzettel ausgegangen. Das ist möglich, weil alle Südafrikaner*innen theoretisch in jedem Wahllokal wählen können. An vielen Stellen ist es deswegen zu ¨Wahllokal-Hopping¨ auf der Suche nach der kürzesten Schlange gekommen.

Das erklärt aber auch, warum hier alle einen Tintenfleck auf den Finger/Nagel bekommen- so wird schnell deutlich, wer bereits abgestimmt hat, ohne ein Wähler*innen-Register aktuell halten zu müssen. Twitter war an diesem Tag gefüllt mit Bildern von Händen von Südafrikaner*innen die stolz verkündeten, abgestimmt zu haben.

Zum Wahllokal gefunden haben wir durch einen Wegweiser der DA (Democratic Alliance, größte Oppositionsparte, Bild 2). Die DA war allerdings nicht nur auf dem Weg zum, sondern auch vor dem Wahllokal zu finden- das blaue Zelt auf dem ersten Bild ist ein DA-Stand, fleißige Helfer*innen liefen die ganze Zeit die Schlange auf und ab- in Deutschland undenkbar!

Heute habe ich in der Zeitung gelesen, dass offiziell Wahlkampfaktionen nur bis Mitternacht erlaubt sind, damit scheint man es aber nicht so ernst zunehmen, denn die Mitglieder der Wahlkommission, die auch am Stand waren, haben dagegen nichts unternommen.

Im großen und ganzen sind die Wahlen wohl ruhig verlaufen, auch wenn in der Nacht zuvor in einem Township Zelte der Wahlkommission angezündet und randaliert wurde und im Verlauf des Wahltages von einigen Unregelmäßigkeiten berichtet wurde.

Vor einigen Lokalen  ist es zwar zu Rangeleien zwischen Vertreter*innen konkurrierender Parteien gekommen, es gab aber auch gegenseitige Umarmungen und singende, tanzende und trommelnde Menschen.

Obwohl es im Vorfeld der Wahl einen Skandal um Präsident Zuma und das Verschwenden von Steuergeldern rund um ein Sicherheitsupdate des Präsidentenwohnsitzes gab war klar, dass auch dieses Mal der ANC wieder eine Mehrheit der Stimmen holen würde. Die spannende Frage war, ob er über oder unter 60 % bekommt und wie die DA als zweitgrößte Partei abschneiden würde.

Bei den kleinen Parteien gabe es eine neue Partei, (EFF, Economic Freedom Fighters),gegründet vom ehemaligen Vorsitzenden der ANC-Jugendorganisation, die auf ein paar Prozente hoffen konnte. Ansonsten sind die anderen kleinen Parteien (mittlerweile) zumindest auf nationaler Ebene relativ unbedeutend und können nur wenige Stimmen auf sich vereinen.

Mittlerweile sind die Ergebnisse ausgezählt:

Der ANC hat geringe Verluste erlitten (-3,75 PP), aber über 62% der Stimmen erhalten, die DA hat um mehr als 5 Prozentpunkte zugelegt (ingesamt rund 22 %), die EFF sind mit leicht über 6 % mit weitem Abstand die drittstärkste Partei. Die Parteienlandschaft wird  damit nach wie vor vom ANC dominiert.

In Anbetracht der Skandale und Korruptionsvorfälle von denen man tagtäglich in der Zeitung liest ist das schon erstaunlich, allerdings hat der ANC durch seine Historie und durch Nelson Mandela nach wie vor bei vielen einen hohen Stand. Und auch wenn die Unzufriedenheit mit Zuma bei vielen groß ist, führt das nicht automatisch dazu, dass eine andere Partei gewählt wird- an dieser Stelle wird klar zwischen Person und Partei unterschieden.

Es gab im Vorfeld der Wahlen allerdings eine große Diskussion darüber, ob man den ANC noch wählen kann und soll. So hatten etwa einige (ehemalige) Mitglieder des ANC eine ¨Vote No¨-Kampagne gestartet, die sich explizit nicht als gegen den ANC gerichtet ansah, sondern als Unterstützung für die in den Augen der Initiator*innen zwingend notwendige Erneuerung.

Ansonsten war der Wahlkampf geprägt durch gegenseitige Anschuldigungen, sich nicht ausreichend um die Bevölkerung, neue Häuser, Zugang zu Strom und Wasser und die Schaffung neuer Jobs zu kümmern. Dominiert waren auch diese Debatten vom ANC und der DA.

Die DA hat ihren Wahlkampf zudem sehr auf die Provinz Western Cape konzentriert (¨Keep the Western Cape DA¨), da dies die einzige Provinz ist, die von ihnen und nicht vom ANC regiert wird. Auch wenn der ANC sich siegesgewiss gab, die DA gewann die Provinz mit großem Abstand und verbesserte ihr Ergebnis nochmals. Einige Kommentator*innen wiesen darauf hin, dass dies die erste Wahl ist, bei der immer mehr Menschen bewusst unterschiedlich auf nationaler und provinzialer Ebene abstimmen.

Ich bin gespannt, was in den nächsten Monaten auf politischer Ebene passieren wird, wie die einzelnen Parteien mit den Wahlergebnissen umgehen und wie sich die neue Partei im Parlament machen wird. Zumindest aus politischer Sicht wird es hier mit Sicherheit nicht langweilig!

Monday, May 5, 2014

Nuus!

Nun sind die ersten zwei Monate rum und der letzte Blogeintrag schon eine ganze Weile her...

Ich versuche immer noch, mich damit abzufinden, dass es nicht das Abenteuer und die Herausforderung ist, die habe,sondern eine andere Erfahrung-aber es gelingt mir nicht immer. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal soviel Freizeit und so wenig zu tun hatte. Zwar versuche ich gegenzusteuern- neben Gym sind die ersten Couchsurfing-Requests geschrieben, ich lese mich durch einen Onlinekurs zu Global Poverty und fange bald mit einem zweiten an, aber ich würde gerne auch mehr im Kinderheim machen und habe leider noch keine eigene Idee gefunden, die ich umsetzen kann.

Ansonsten geht es mir aber gut,ich liebe die (meisten) Kinder,verstehe mich gut mit den anderen Volunteers und finde Südafrika an sich wirklich großartig.

Nightshift

Auch im Mai werde ich weiterhin Nightshift arbeiten...

Im April war ich die meiste Zeit bei den kleinen Kindern (Happy Feet) eingeteilt.  Alle paar Stunden müssen Kinder geweckt und auf Toilette gebracht und Windeln gewechselt werden. Ab und zu muss man Kinder beruhigen die Alpträume haben oder schlecht einschlafen können. Morgens wecke ich die Kinder und helfe den Jüngsten beim Anziehen. Auch wenn es ein ganz schönes Durcheinander ist,wenn 13 Kinder gleichzeitig aufstehen/nicht aufstehen wollen,zur Toilette gehen, sich anziehen, ausziehen und hin und herrennen-eigentlich ist das meine Lieblingszeit der Nightshift,weil ich dann alle Kinder wach und zusammen erleben kann.

Während der Nightshift lese ich sehr viel, neben Büchern (Buch Nr.12-I am Malala,auf jeden Fall lesenswert!) auch südafrikanische Zeitungen (meist auf englisch, hin und wieder afrikaans) und die bereits erwähnten wissenschaftlichen Texte.

Das positive an der Nightshift ist allerdings nach wie vor, dass man tagsüber jede Menge Zeit hat, Dinge zu unternehmen:

M'zolis

Das M'zolis ist ein Venue im Township Guguletho (Bild 1). Es ist im Prinzip eine Schlachterei mit angeschlossen Zelt zum Essen,Trinken und feiern.

Um ins Zelt zu gelangen,muss man sich zuerst Essen kaufen. Für mich als Vegetarierin ist die Auswahl einfach, denn das einzige Veggiegericht ist Pap (Maisbrei) mit Chakalaka (Bild 2, links). Trotzdem liebe ich das M'zolis, es ist immer voll mit den unterschiedlichsten Leuten (Einheimische und Touristen bunt gemischt), es gibt Musik, Getrommel, Leute die tanzen, trinken, Spaß haben...ich bin mit Sicherheit nicht um letzten Mal dagewesen.

Allerdings werden wir uns verkneifen,noch einmal am Tag vor einem Feiertag dorthin zu gehen,es war einfach brechend voll-nicht nur drinnen sondern auch auf der Straße (Bild 3) und die anderen mussten ewig auf ihr Fleisch warten (hihi).

Signal Hill

Letzte Woche war ich zusammen mit vier anderen Volunteers (aus Frankreich, Dänemark und Deutschland)auf dem Signal Hill, einer Anhöhe neben dem Tafelberg zu einem  Geburtstagspicknick. Von dort aus hat man wirklich einen wunderschönen Ausblick über Cape Town und auf den Tafelberg (Bild 4).

Lions Head

Ein paar Tage später ging es dann noch ein bisschen höher hinauf auf den "Lions Head". Der 670 m hohe Berg verdankt seinen Namen allerdings der Form, die letzten Löwen wurden dort Anfang des 19.Jh. erschossen...

Der Weg rauf zur Spitze führte für ca. 45 min. über Stock und Stein (Bild 5), unterwegs waren Leitern und Sprossen zu überwinden. Oben angekommen hatte man einen traumhaften Rundblick über Cape Town (Bild 6 und Bild 7, zusammen mit Mathilde.)

Ostern

Am Ostersonntag hatten einige Volunteers eine " Easter Egg Hunt¨ organisiert- ich habe im Vorfeld mitgeholfen, die 111 Osternester zu basteln und auch, die Nester zu verstecken (Bild 8). Es war wirklich lustig, den Kindern beim Suchen zuzusehen und selbst die Älteren haben mit Freude mitgemacht.

Ansonsten habe ich von Ostern nicht so viel mitbekommen, außer das man hier Massen von mit Schokolade überzogenen Marshmellow-Eiern isst. Gefärbte Eier scheinen nicht üblich zu sein, zumindest wussten die Kinder damit nicht viel anzufangen (außer sich damit zu beschmeißen).

Township

Das Kinderheim hat eine Kooperation mit einem Township-Projekt. Letzte Woche bin ich das erste Mal mitgefahren.

Das Township Klipheuwel (Bild 9)  liegt nur ca. 15 km von Durbanville entfernt, aber es kommt einem vor als ob man sich in einer anderen Welt befindet. Zwar bin ich schon ein paar Mal an Townships vorbeigefahren, aber noch nie ist mir der Kontrast von arm und reich von Luxus und Elend so direkt begegnet.

Grundsätzlich ist es schockierend zu sehen, wie krass Südafrika immer noch von Gegensätzen und Trennung geprägt ist. Oft kommt es mir so vor, als würden Weiße, Coloureds und Schwarze neben- und nicht miteinander existieren. Sicherlich wird der Eindruck aber auch dadurch verstärkt, dass Durbanville sehr weiß geprägt ist. Wenn man hier in eine Bar oder ein Restaurant geht, sind die Gäste in der Regel weiß- und die einzigen Schwarzen die Angestellten. "Gemischte" Gruppen sieht man selten.

(Falls jemamd über die Begrifflichkeiten stolpert:habe das jetzt einfach mal so übernommen, wie es hier auch genutzt wird)

Im Township haben die Jungs Fußball gespielt (Bild 10)- wer einmal dort war, wird sich vermutlich nicht mehr so schnell über die Rasenqualität eines deutschen Fußballplatzes beschweren. Ich habe eine Weile lang zugeguckt und dann mit zwei Mädchen fern gesehen.

Kapstadt

Heute bin ich alleine in Kapstadt gewesen, um einen historischen Rundgang entlang der Waterfront zu machen- ich genieße es auf jeden Fall, dass Kapstadt so nah und zur Not auch ohne Auto zu erreichen ist. Für die kälteren Tage habe ich mir vorgenommen,  die zahlreichen Museen in Kapstadt zu besuchen..

Und sonst so?

Mein Fitnesstrainer meint: "Hitler was a great statesman" (...)

Am 1.Mai habe ich das erste Mal wirklich Heimweh gehabt,nach Menschen, Politik und Kreuzberg...

Ich gucke beim Straße überqueren schon häufiger zuerst rechts als links..

Für eine Fleischesser-Nation gibt es hier eine erstaunlich gute Auswahl an Veggi-Produkten.

Es wird kalt! Möglicherweise hält der Winter nun doch Einzug..

Soweit erst mal...lasst es euch gutgehen!  Und genießt den langsam heranrollenden deutschen Sommer :)

Sarah