Neben den verschiedenen Programmpunkten, die alle Teilnehmer*innen zusammen absolvierten, fanden am ersten Tag auch die Auswahlgespräche statt. Jeweils zwei Teilnehmer*innen waren im Gespräch mit zwei Teamer*innen aufgefordert, ihre Motivation darzulegen und Fragen zu beantworten.
Nirgendwo sonst an diesem Wochenende stand man selbst so sehr im Mittelpunkt und hatte so sehr das Gefühl, sich unbedingt beweisen zu müssen. Dementsprechend nervös waren die meisten vor den Gesprächen. Da ich relativ gegen Ende der Gespräche an der Reihe war, steigerte sich auch bei mir die Nervösität ins Unermessliche.
Am Ende war es aber so, wie alle gesagt hatten: sehr entspannt und überhaupt nicht schlimm. So wurde ich etwa gefragt, warum ich ausgerechnet an einem entwicklungspolitischen Freiwilligendienst teilnehmen will.
Auch mein Alter kam zur Sprache: Ob es nicht vielleicht schwer für mich werden würde, mich wieder in eine Famlienstruktur einfügen zu müssen, nachdem ich schon lange selbständig und unabhängig gelebt habe? In der Tat habe ich darüber im Vorfeld nachgedacht. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass es keine bessere Möglichkeit gibt, ein Land, seine Menschen und die Kultur kennenzulernen, als in einer einheimischen Familie untergebracht zu sein. Nicht zuletzt deshalb hatte ich mich bei AFS beworben und ich bin durchaus bereit, dafür auch einen Teil meiner jetzigen Freiheiten zeitweise aufzugeben.
Auch bei diesem Gespräch war man wieder aufgefordert, sich in mögliche Konfliktsituationen hineinzuversetzen: Was macht man, wenn einen neue Bekannte nach Geld fragen? Wie verhält man sich, wenn die Familie einem den Umgang mit einem bestimmten Teil der Bevölkerung verbietet? Was macht man, wenn man Regeln vorgesetzt bekommt, die man selber als falsch empfindet?
Eines ist ganz klar: Konflikte werden in einer Gastfamilie genauso entstehen, wie in einer "richtigen" Familie auch. Als jemand der aus einer Familie mit drei kleinen Geschwistern kommt, mit WG-Erfahrung und mit meinen Erlebnissen aus Camphill sehe ich mich aber eigentlich gut gewappnet. Trotzdem hoffe ich natürlich, dass ich im Großen und Ganzen eine nette, offene und verständnisvolle Gastfamilie haben werde.
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